Die beiden Arbeiten Wassergeister I und II, die sich in der Heidi Horten Collection befinden, entstanden während Egon Schieles kurzer Akademiezeit (1906-1909). Der 1890 in Tulln geborene Künstler wurde im Alter von 16 Jahren als Jüngster seines Jahrganges an der Akademie der bildenden Künste in Wien aufgenommen. Seine zeichnerische Begabung war bereits früh von seinem Kunstlehrer während seiner Gymnasialzeit erkannt worden; nach seiner Aufnahme an der Akademie rebellierte der junge Schiele jedoch bald gegen die eher konservative Malereiauffassung seines Lehrers Christian Griepenkerl und begann, sich an seinem Vorbild Gustav Klimt zu orientieren.
Schieles frühe Arbeiten, zu denen auch Wassergeister I und II zählen, zeigen seine intensive Auseinandersetzung mit Klimts Oeuvre. Ihre kompositorische Nähe zu Klimts Wasserschlangen I und II ist unübersehbar. Schieles Werke zeigen dabei den Versuch des jungen Akademiestudenten, in den künstlerischen Kosmos seines Vorbildes einzutauchen. Er vereinfacht jedoch die von Klimt dargestellten nackten Frauenkörper zu linearen Flächen. Auch die leuchtende Farbigkeit, die Klimts Arbeiten anhaftet, wird von Egon Schiele reduziert. Statt Blattgold kann Schiele nur Gold- und Silberfarbe einsetzen. Vermutlich hat Schiele die beiden Paraphrasen auf Klimt tief beeindruckt von den Vorlagen aus der Erinnerung heraus. Seine schnelle bildliche Auffassungsgabe dürfte ihm dabei geholfen haben. Sehr wahrscheinlich sind Schieles Wassergeister I und II Synthesen verschiedener visueller Eindrücke aus Klimts Oeuvre, die der junge Künstler zu einem neuen Ganzen zusammengefügt und in seiner Bildsprache verarbeitet hat.