Die Heidi Horten Collection wurde im Juni 2022 eröffnet. Auf Wunsch der Museumsgründerin Heidi Goëss-Horten (1941-2022) konnte damit eine international renommierte Kunstsammlung dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Goëss-Horten war Teilerbin ihres 1987 verstorbenen ersten Ehemannes Helmut Horten, mit dem sie seit 1966 verheiratet war. Sie selbst und ihre Sammlung sind daher untrennbar auch mit seiner Geschichte verbunden.
Helmut Horten hat in den Jahren 1936 bis 1939 eine Reihe von in jüdischem Besitz befindlichen Kaufhäusern, unter bewusster Inkaufnahme oder allenfalls auch in gezielter Ausnutzung der Notlage ihrer bisherigen Eigentümer:innen erworben. Darüber hinaus beteiligte sich Horten an zwei Unternehmen der Rüstungsindustrie, übte hier auch die Funktion des Geschäftsführers aus und billigte dabei den Einsatz von Zwangsarbeiter:innen. Horten profitierte von den spezifischen Umständen des Unrechtsregimes und zog daraus finanziellen Gewinn. Seine Geschäftstätigkeit in diesen Jahren bildete den Ausgangspunkt für die Schaffung eines Milliardenvermögens, das der Horten-Konzern später im Nachkriegsdeutschland der 1950er- und 1960er-Jahre erwirtschaften konnte.
Über die Anfänge des Vermögens von Helmut Horten in der NS-Zeit gab es bis vor Kurzem keinerlei wissenschaftliche Dokumentation. Heidi Goëss-Horten hat noch während der Planungsarbeiten an der Heidi Horten Collection im Jahr 2019 den deutschen Zeithistoriker Prof. Dr. Peter Hoeres, Inhaber des Lehrstuhls für Neueste Geschichte an der Universität Würzburg, mit einer wissenschaftlichen Aufarbeitung der wirtschaftlichen Anfänge ihres ersten Ehemannes Helmut Horten beauftragt. Das Gutachten „über den Vermögens- und Geschäftsaufbau von Helmut Horten im Kontext der ,Arisierung´ in der Zeit des ,Dritten Reiches´" von Prof. Dr. Peter Hoeres unter Mitarbeit von Dr. Maximilian Kutzner wurde 2022 in mehreren Pressegesprächen vorgestellt und auf der Website der Helmut Horten Stiftung (Agno, Schweiz) veröffentlicht. Das Gutachten kann Ausgangspunkt für eine weitere kritische und differenzierte Auseinandersetzung mit der Person Helmut Horten sein.
Was bis dahin jedenfalls verabsäumt wurde, ist die proaktive, transparente und offene Kommunikation der ersten Forschungsergebnisse in Bezug auf Helmut Hortens Vermögensaufbau.
Die Heidi Horten Collection – von der Helmut Horten Stiftung mit Sitz im schweizerischen Agno rechtlich und finanziell unabhängig – ist sich der historischen Verantwortung bewusst, die den Namen Horten unabdingbar begleitet. Als Leitung und als Team des Museums wissen wir um die moralische Notwendigkeit einer offensiven Beschäftigung mit diesem Aspekt der Geschichte und drücken unser tiefes Bedauern aus, dass dies nicht schon früher erfolgt ist.
Unser Ziel ist, dieser Verantwortung durch unsere museale Arbeit Ausdruck zu verleihen.
Der respektvolle Umgang mit Geschichte zeigt sich durch die Bereitschaft, aus der Vergangenheit zu lernen und Verantwortung für die Gegenwart und Zukunft zu übernehmen. Die Aktivitäten der Heidi Horten Collection reagieren auf aktuelle gesellschaftspolitische Entwicklungen. Sie richten sich an eine breite Öffentlichkeit und erheben ihre Stimme für Freiheit, Demokratie, Toleranz und Vielfalt. In diesem Sinne werden inklusive Outreach-Programme Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen neue Handlungsspielräume und kulturelle Teilhabe bieten. Ebenso steht das umfassende kostenlose Angebot für Schüler:innen im Zeichen der Vermittlung von zeitrelevanten Themen und demokratischen Werten an die junge Generation.
Museen sind zentrale Träger einer offenen Gesellschaft und Orte der Wissensvermittlung und des Diskurses. Für die Heidi Horten Collection gilt dies infolge der spezifischen Geschichte in besonderem Maße.
Als bedeutende Privatsammlung internationalen Rangs legt die Heidi Horten Collection darüber hinaus großen Wert auf Provenienzforschung und die umfassende historisch-wissenschaftliche Aufarbeitung ihrer Sammlung. Wir möchten die Forschung im Museum, insbesondere die Provenienzforschung, transparent gestalten und mit der Öffentlichkeit teilen. Unsere Provenienzforschung konzentriert sich vorrangig auf die Bestände vor 1945, umfasst jedoch die gesamte Sammlung und somit jede Epoche. Die Ergebnisse der Forschung werden laufend veröffentlicht.