Werktitel: L'empire des lumières (René Magritte, 1964/65)
Inventarnummer: K-105
Größe/Material: 50 × 73 cm, Öl auf Leinwand
Merkmale: signiert
Bildrecht, Wien, 2024
Es ist ein paradoxes Bild: Während die Rückenfigur mit Hut sowie ein im Bildhintergrund liegendes Haus und die es umgebende Natur im Dunkeln liegen, erstrahlt darüber ein tagheller blauer Himmel. Die stärkste Lichtquelle allerdings sind die beleuchteten Fenster des Hauses. René Magritte spricht im Werktitel vom „Reich der Lichter“, und unzweifelhaft ist es die eigenwillige Lichtregie, die die Wirkung der irrationalen Szene beherrscht. Mit Bildwelten, in denen wiederkehrende Motive zum Einsatz kommen – ein Mann mit Hut, Wolken, Äpfel oder das „Bild im Bild“ –, gilt René Magritte als Meister des Rätselhaften. Seine Bilder will er trotz ihres mitunter stark narrativen oder symbolhaften Charakters nicht interpretiert oder decodiert wissen, vielmehr schafft er „unlösbare“ Bilder. Indem Magritte das Vertraute verfremdet sowie Menschen und Gegenstände in ungewöhnliche Kontexte setzt, schafft er einen Gegenentwurf zur Wirklichkeit. Körperliches und Mentales, Sichtbares und Unsichtbares, Lebendiges und Lebloses, Reales und Imaginäres gehen in seinen Bildwelten fließend ineinander über. Magritte stellt die Frage, was Wirklichkeit überhaupt bedeutet und ob nicht vielmehr von Wirklichkeiten gesprochen werden muss.
Magritte zählt neben Salvador Dalí zu den zentralen Figuren der surrealistischen Bewegung, anders als bei Dalí spielt das Unterbewusstsein der psychoanalytischen Lehre von Sigmund Freud aber keine Rolle in seiner Kunst. Auch stilistisch grenzt sich Magritte ab: Seine Bilder folgen einem präzisen illustrativen Ausdruck, der auf seine frühe Tätigkeit als kommerzieller Maler im Bereich der Werbung zurückgeführt werden kann. Magrittes Auffassung nach sind die Wahrnehmung und die Zuordnung dessen, was Wirklichkeit ist, eng verbunden mit dem Verhältnis von Bild, Sprache und Objekt. Eines seiner bekanntesten Werke, La trahison des images (Der Verrat der Bilder) von 1929, stellt eine Pfeife dar, die von der Aussage „Ceci n’est pas une pipe“ (Dies ist keine Pfeife) begleitet wird. Tatsächlich besteht darin kein Widerspruch: Weder die Darstellung einer Pfeife noch das Wort „Pfeife“ sind eine Pfeife. Nicht ohne Humor fordert Magritte die Betrachtenden heraus, indem er die konventionelle Definition und Darstellung von Realität aufbricht. VA
+ PROVENIENZ
um 1965 | Privatsammlung, vom Künstler direkt erworben |
28.06.1999 | Sotheby’s London, Impressionist Sale I, Lot 40, S. 110-113 |
1999 | Heidi Horten |
2022 | HGH Vermögensstiftung |
+ LITERATUR
Sarah Whitfield/Michael Raeburn, René Magritte. Catalogue raisonné. Oil Paintings, Objects and Bronzes 1949-1967, London 1993, Bd. III, S. 406, Nr. 1006. |
Heidi Horten Collection / Agnes Husslein-Arco (Hg.), WOW! The Heidi Horten Collection, Ausstellungskatalog Leopold Museum, Wien 2018, korrigierte 2. Auflage, S.320-321. |
Heidi Horten Collection / Agnes Husslein-Arco & Rolf Johannsen (Hg.), Sammlungsführer, Wien 2023, S. 78-79. |